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Schenkendorfstraße

Die Straße an der Jugendherberge ist nach dem patriotischen Dichter Max von Schenkendorf (1783-1817) aus der Zeit der napoleonischen Herrschaft und der Befreiungskriege benannt. Ursprünglich hieß sie Mosenthalstraße.

Diese Straßenbezeichnung durfte 1938 unter nationalsozialistischer Herrschaft nicht mehr fortbestehen, weil alles Jüdische aus dem Stadtbild verschwinden sollte. So wurde nach der sog, "Kristallnacht" die Synagoge abgerissen, der Brunnen vor dem Rathaus, der lediglich von Aschrott gestiftet war, wenig später dem gleichen Schicksal zugeführt. Und Salomon Hermann Mosenthal (seit 1871 von Mosenthal, mitunter auch unter dem Pseudonym Friedrich Lehner), der ursprüngliche Namensgeber der Straße an der Jugendherberge, war zwar gebürtiger Kasseler, aber jüdischen Glaubens.

Mosenthal wurde am 14.1.1821 in der Kasseler Altstadt als Sohn eines Kaufmannes geboren, der gerade zur Zeit seiner Geburt in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Dennoch hatte er das - für diese Zeit - Privileg, das einzige Gymnasium der Stadt, das Lyceum Fridericianum (Friedrichsgymnasium), zu besuchen. Das anschließend aufgenommene Studium an dem Polytechnikum in Karlsruhe erwies sich als nicht seinen Neigungen und Fähigkeiten entsprechend und so nahm Mosenthal 1842 die Aufforderung an, in Wien, das bis zum Ende seines Lebens seine Heimat sein sollte, im Hause Goldschmidt als Erzieher zu arbeiten. Hier betätigte er sich literarisch und schon 1846 wurde sein erstes Drama aufgeführt, dem 1848 "Deborah" folgte, ein Stück mit dem er Weltruhm erlangte. Mosenthal erhielt 1850 eine Beamtenstelle im österreichischen Unterrichtsministerium, der Erfolg seiner Stücke verschaffte ihm Anerkennung und auch beruflichen Aufstieg zum Bibliothekar und Regierungsrat, schließlich erhielt er mit dem Orden der eisernen Krone den österreichischen Adel, wurde zum Ritter.

Mosenthal verfasste18 Dramen, an die 20 Operntexte, auch Gedichte und Novellen. In der Allgemeinen Deutschen Biographie aus dem 19. Jahrhundert heißt es von seinem Drama "Deborah", es sei "bis jetzt das populärste Drama des Jahrhunderts, und nicht bloß in Deutschland, sondern fast in allen Culturländern: Miß Batemann stellte z. B. die Heldin zu London an 500 aufeinanderfolgenden Tagen dar." In "Deborah" geht es um die Probleme des christlich-jüdischen Zusammenlebens mit all seinen Vorurteilen und historischen Belastungen, um Humanität und Toleranz, es geht um die Liebe der aus Ungarn in die Steiermark geflohenen Jüdin Deborah zu einem Christen. Wie fast alle von Mosenthals Dramen kurzfristig Erfolg hatten, aber die Saison kaum überdauerten, hatte auch der Erfolg von "Deborah" keinen bis in unsere Zeit reichenden Bestand.

In den letzten Jahren seines Lebens, die von ausbleibenden Erfolgen auf der Bühne gekennzeichnet waren, schrieb Mosenthal auch eine Reihe von Novellen, bei denen er auf eigene Erlebnisse und insbesondere das Leben der jüdischen Gemeinde in Kassel und Umgebung zurückgreift.

Er starb am 17.2.1877 unerwartet in Wien und wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem jüdischen Friedhof in Währing bei Wien begraben.

Die Umbenennung der Mosenthalstraße wurde nach dem Krieg nicht wieder rückgängig gemacht, allerdings eine andere Straße - an der Synagoge - nach ihm benannt.
 

Literatur:

Salomon Hermann Mosenthal, Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben. Mit einem Nachwort von Ruth Klüger, Göttingen 2001