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Kattenstraße

Der Teil der Kattenstraße zwischen Kirchweg und Stadthalle war als "Hinzpeterstraße" ursprünglich nach Dr. Georg Hinzpeter (1827-1907), dem Erzieher Wilhelms II. benannt. Der Straßenabschnitt erhielt nach dem Zweiten Weltkrieg die gleiche Bezeichnung wie der östliche Teil der Straße. Der genaue Zeitpunkt der Umbenennung war nicht genau zu ermitteln. Im Stadtplan von 1955 erscheint die Hinzpterstraße nicht mehr.

Als Erzieher des zukünftigen Kaisers stand Georg Hinzpeter für den Versuch, den konservativen und militaristischen Kräften und Traditionen am Hof andere Erziehungsziele entgegen zu setzen: Selbstverantwortung, Selbständigkeit, Leistung, Entwicklung vielfältiger Fähigkeiten. Es ging um eine freiere und umfassendere Ausbildung, ein bürgerlich-fortschrittliches Erziehungsprogramm der Mutter (und Großmutter), das im Gegensatz zur preußischen Erziehungstradition stand, aus der heraus der alte Kaiser den Enkel mit 10 Jahren zum Sekondeleutnant machte: Hinzpeter und der Mutter kam es darauf an, Wilhelm dem Einfluss des Hofes zu entziehen, seinen Charakter in eine andere Richtung zu formen. Er konfrontierte den Prinzen häufig und fernab des Hofes mit der Bedürftigkeit anderer, und auch die Tatsache, dass er als erster preußischer Prinz von 1874-1877 eine öffentliche Schule besuchte, das Friedrichsgymnasium in Kassel, ging auf seinen Vorschlag zurück. Wilhelm sollte eine Ausbildung erhalten wie nichtadlige Altersgenossen, wie diese auf ein Studium vorbereitet werden. Er musste - mit Ausnahmen - weitgehend Gleichbehandlung im Wettbewerb akzeptieren. Hinzpeter schrieb über die Erziehung des Prinzen und räumte dabei ein, dass sein „Erziehungsprogramm“ wohl weitgehend gescheitert war:

“Den Anschauungen der Eltern gemäß war der Erziehung die Aufgabe gestellt, im Gegensatz zur Tradition dem Interesse für das bürgerliche Leben den Vorrang vor dem militärischen in dem heranwachsenden Prinzen zu verschaffen. Die verschiedensten Mittel wurden dazu angewandt und alle sich bietenden Gelegenheiten benutzt; die ungewöhnliche Verpflanzung des Prinzen nach Kassel geschah zum guten Teil auch von diesem Gesichtspunkt aus. Museen und Fabriken, Werkstätten und Bergwerke wurden eifrigst besucht und studiert; aber neben der regen Sympathie an dem Schul-, Studenten- und Volksleben wuchs das angeborene militärische Interesse kräftig empor, bis es sich einen breiten Platz im Träumen, Denken und Handeln erworben." (Hinzpeter, Kaiser Wilhlem II., Bielefeld 1888, S. 7)