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Versteigerungen

1942 kündigte das Auktionshaus Georg Horn öffentliche Versteigerungen in der Hohenzollernstraße 87 (Friedrich-Ebert-Straße) an. Für jeden Bieter musste dabei klar sein, dass es sich bei dem Angebot um den Hausrat der aus Kassel deportierten Juden handelte.

Die 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom November 1941 hatte die Voraussetzung für einen pseudolegalen Raub des Eigentums der nach dem Osten deportierten Juden geschaffen. Das Vermögen der Juden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatten, verfiel danach dem Reich. Wer – wie die Kasseler Juden – nach Riga, Lublin bzw. Sobibor und Theresienstadt verschleppt worden war, lebte demnach im Ausland und war von dieser Verordnung betroffen. Was sie in Kassel zurückgelassen hatten, raubte der Staat auf dem Verwaltungswege.

Während das Oberfinanzpräsidium bei diesem legalisierten Raub federführend war,  hatte die Stadt Kassel die Schlüsselrolle bei der Verwertung des in den Wohnungen (ober auch bei Speditionen eingelagert) zurückgebliebenen Hausrats, der Kleidung, Nahrungsmittel und auch Kohlen. Nach den Deportationen schätzen die öffentlich bestellten Versteigerer und Taxatoren Karl u. Richard Krell und Georg Horn den Wert des Zurückgelassenen und brachten es später zur Versteigerung.

Den „Judenhaushalt“, dem die ehemaligen Bewohnerinnen des Vorderen Westens Berta Adler und Karoline Nordschild angehörten und bei dem es sich um ein von 6 Frauen bewohntes Zimmer im israelitischen Altersheim in der Mombachstraße handelte, schätzten die Brüder Krell auf 81 RM. Henriette Plaut, die etwa 15 Jahre in der Kaiserstraße 13 (Goethestraße) gewohnt hatte, ließ offenbar einen Teil ihrer Einrichtung und ihres Hausrates bei der Spedition Wenzel einlagern. Deren Wert lag geschätzt bei 2.678 RM. Alle waren im September 1942 nach Theresienstadt deportiert worden.

All dies erwarben nun „deutsche Volksgenossen“.