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Lina Bachrach

Lassallestraße 17

geboren am 04. Dezember 1872 in Heilbronn

1943 im Vernichtungslager Sobibor ermordet

Lina Schwarzenberger wurde am 4. Dezember 1872 in Heilbronn geboren. Ihre Eltern waren Heinrich und Babette Schwarzenberger. Vater Heinrich betrieb in Heilbronn eine Putzwollfabrik und handelte mit Textilabfällen. Sie hatte vier ältere Brüder Adolf, Ludwig, Simon und Benjamin. Seit dem 26.12.1894 war sie mit Heinemann Bachrach verheiratet und lebte mit ihm 7 Jahre in der Gießbergstraße. 1896 kam dort der gemeinsame Sohn Max Heinrich zu Welt.

Nach dem Tod ihres Mannes 1912 zogen Mutter und Sohn in die Jordanstraße 50, heute Motzstraße 6. Im Hausstandsbuch ist für Sohn Heinrich als Beruf Lehrling vermerkt. Viele Jahre war Lina Bachrach gemeinsam mit ihrem Schwager Moritz Mitinhaberin des Getreide- und Futtergroßhandels M. Bachmann Sohn in der Bahnhofstraße 14. Sie setzte damit die geschäftlichen Aktivitäten ihres Mannes fort. Mitte der 1920-er Jahre muss ihr geschäftliches Engagement geendet haben. Etwa zeitgleich fand erneut ein Wohnungswechsel von Lina und Sohn Heinrich zur Kölnischen Straße 43 statt. 1931 wurde dann die Eulenburgstraße 17 (heute Lassallestraße) ihr neues Domizil. Die Meldekarte registriert, dass sie am 29.10.1931 im 1. Stock einzogen. Ein Bleistifteintrag in dieser Karte sagt, dass Sohn Max Heinrich am 31.3.1934 nach Amsterdam emigrierte. Lina Bachrach wechselte dann 1936 noch einmal die Wohnung, und zwar in die Uhlandstraße 2.

1939 floh sie aus Kassel in die Niederlande, in der Hoffnung hier vor rassistischer Verfolgung sicher zu sein. Das niederländische Gedenkportal www.joodsmonument.nl gibt Auskunft, dass Frau Bachrach in Amsterdam, Dintelstraat 84 gewohnt hat. Es ist weiter vermerkt: Diese Person lebte allein. Es liegen keine Informationen zu Angehörigen vor. Daraus kann geschlossen werden, dass keine Verbindung zum Sohn bestand.

Im Mai 1940 überfielen deutsche Truppen die Niederlande und besetzten es. Nach der Eroberung kam es auch dort zur Verfolgung und Deportation von Juden, Sinti und Roma. Zu Beginn des Krieges lebten in den Niederlanden 160.000 Juden, einschließlich 20.000 jüdischer Flüchtlinge. Ab 1942 wurde Westerbork von der deutschen Besatzung als Sammel- und Transitlager genutzt. Die niederländischen Kommunisten riefen daraufhin einen Generalstreik aus, der als Februarstreik in die Geschichtsbücher einging. Die Besatzungstruppen schlugen den Streik, der in ganz Nordholland durchgeführt wurde, blutig nieder.

Lina Bachrach wurde Anfang März 1943 in Westerbork interniert, am 26. März 1943 in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet. Sie erlitt damit das gleiche Schicksal wie eine ganze Reihe von Kasselern, die in die Niederlande geflohen waren. Mehr als 100.000 holländische Juden wurden gleichfalls deportiert. Von Ihnen kehrten nur ganz wenige zurück.

Jochen Boczkowski | Wolfgang Matthäus