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Weiches Haus

Gabriele Obermaier 2009

Aluminiumguss (6,60 x 5,30 x 2,80 m), Patina

Standort:

Bundessozialgericht

Südliche Seite zur Wilhelmshöher Allee

Internetseite von Gabriele Obermaier

„Weiches Haus“

Auf dem Weg zum Bundessozialgericht begegnen die Besucher einer Skulptur, welche die Grundformen des bestehenden Gebäudekomplexes verkleinert und verfremdet.

Der Leitgedanke bei der Konzeption ist das menschliche Maß. Es wurde während der nationalsozialistischen Diktatur, nicht zuletzt in der Architektur, eingesetzt um den Menschen durch Überdimensionierung kleiner zu machen und einzuschüchtern. Seit der Umwidmung des Wehrkreisdienstgebäudes im Jahre 1954 werden nun völlig andere Inhalte verhandelt. Die Nutzer des Gebäudes haben den Auftrag für die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Sozialrecht zu sprechen.

Dieser Änderung trägt das Objekt „Weiches Haus“ Rechnung. Alle markanten Grundkörper der vierflügligen Gebäudeanlage werden in ihren Proportionen und Formen verkleinert, gestaucht, gedehnt und gedrückt. Dadurch wird die Raum bildende Qualität der Skulptur optimiert.

Die bildnerische Transformation lässt die Skulptur „Weiches Haus“ im Nachtrag zum Modell der bestehenden Architektur werden. Insgesamt entsteht eine formale und inhaltliche Spannung zwischen der Skulptur und dem Gebäudekomplex, beide befragen sich gegenseitig.

„Weiches Haus“ wird so positioniert, dass die Seite mit dem Pfeilerportikus den Besuchern des Bundessozialgerichts zugewandt ist. Damit sind die ursprüngliche und die aktuelle Eingangssituation mit einem Blick erfassbar. Die Entscheidung den Haupteingang des Bundessozialgerichts auf die Südseite zu verlegen wird dadurch thematisiert. Um noch mehr Spannung zu erzeugen wird das Objekt so aufgestellt, dass die axiale Ausrichtung der Gesamtanlage um die Diagonale als Blickachse bereichert wird.

„Weiches Haus“ ist eine künstlerische Position, welche die Vergangenheit thematisiert und doch neu fasst. Die Architektur selbst wird zum Thema, sie spiegelt sich in der Skulptur. In seiner Verfremdung macht das Objekt nun auf einer bildnerisch, symbolischen Ebene aus dem früheren Generalkommando der Wehrmacht einen Ort für die Menschen. „Weiches Haus“ ist eine Skulptur, die den Blick zurück in sich birgt und gleichzeitig auf die Gegenwart gerichtet ist.

Text: Pressestelle des Bundessozialgerichts

Der Wettbewerbsbeitrag

Aus dem Wettbewerbsbeitrag:

MODELL

Der Besucher des Bundessozialgerichts begegnet auf der Südseite des neu gestalteten Hauptzugangswegs einer Skulptur, welche die Grundformen der bestehenden Architektur in einem verkleinerten Maßstab variiert.

MODELL wird so positioniert, dass der Pfeilerportikus der Skulptur dem neuen Eingang gegenüber steht. Dadurch entsteht der Dialog zwischen dem Haus und der Skulptur. Die gute Entscheidung, den Eingang des Bundessozialgerichts auf die Südseite zu verlegen, wird zum Inhalt der Gegenüberstellung.

Mein Leitgedanke ist das menschliche Maß. Es ging in der Nazizeit nicht nur verloren, sondern es wurde vorsätzlich außer Acht gelassen. In der Architektur wurde der Mensch durch die Überdimensionierung verkleinert und eingeschüchtert, darüber hinaus wurde der Ewigkeitsanspruch des nationalsozialistischen Systems in der Wahl besonders harter Materialien ausgedrückt.

Durch die Umwidmung des Gebäudes werden nun völlig andere Inhalte verhandelt. Die Nutzer des Gebäudes haben nichts mehr mit Krieg zu tun, sondern mit dem Auftrag für die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Sozialrecht zu sprechen.

Im konkreten Sinn thematisiere das menschliche Maß dadurch, dass ich den Grundkörper des gesamten vierflügligen Gebäudekomplexes verkleinere auf die Größe 4m x 4m und die Höhe 2,2m. Dadurch wird die Skulptur zum Modell der bestehenden Architektur. Das Modell ist im künstlerischen Arbeitsprozess immer eine Vorstufe. Im vorliegenden Fall ist es ein Nachtrag.

Die Gebäudeteile werden aus Filz genäht. Durch diese Stofflichkeit erhält die Skulptur gewölbte, runde Formen, sie wird dadurch Körperlich und ist dem Menschen näher. Das Material lässt in seiner spezifischen Weichheit bei der Verarbeitung sowaohl konvexe als auch konkave Formen entstehen, durch diese entsteht eine freundliche, kissenartige Verfremdung.

Das Objekt wird in Aluminium gegossen (Sandguss kombiniert mit Wachsausschmelzverfahren) und mittels einer Einbrennlackung in einem zarten Rot gefärbt. Das warme Rot verweist auf die Farbe der Richterroben, wirkt attraktiv und verleiht der gegossenen Metalloberfläche Eleganz.

Veränderte Ausführung

Ursprünglich sollte entsprechend dem Wettbewerbsbeitrag das Kunstwerk in einem zarten Rot ausgeführt werden. Hiervon nahm Gabriele Obermaier aber Abstand, weil zwischenzeitlich auch das Gebäude renoviert worden war:

"Ich habe mich gegen die rote Patina entschieden, weil die Farbigkeit nach der Renovierung gänzlich anders war als bei der Auslobung. Der rote Farbton passt nicht zum braunen Gebäude. Die jetzige Patina in einem mittleren Grauton ist auf das vorliegende Gesamtbild abgestimmt und unterstützt den Charakter der Skulptur."

Mehr zum BSG und dem Graf-Bernadotte-Platz auf dem Wiki zum Vorderen Westen.