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Stadtteilkonferenz am 4. Februar 2023: Neue Energie im Stadtteil

"Neue Energie im Stadtteil -- Ausstieg aus den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Gas", Veranstaltung zur Energiewende im Saal der Kirche im Hof.

Mit dem Beschluss, Kassel bis 2030 klimaneutral zu machen, hat sich die Stadt viel vorgenommen. Sie muss dafür auch auf allen Feldern der technischen Infrastruktur und Versorgung jede Chance nutzen, klimaschädliche Emissionen möglichst auf Null zu bringen.
Das Thema der sicheren und emissionsarmen Energieversorgung steht noch nicht lange, aber seither umso dramatischer auf der gesellschaftlichen und politischen Agenda. Diese Veranstaltung von Kassel-West e.V. sollte darüber informieren, welche Möglichkeiten zur regenerativen Energieversorgung bereits bestehen, wie sie genutzt werden können- und auch, was noch getan werden muss.

Um 14:00 Uhr begrüßte Bärbel Praßer, stellv. Vorsitzende West e.V., ca. 60 Interessierte aus dem Stadtteil sowie die drei Referenten.

Fernwärme

Frank Rosner (Städtische Werke) informierte über das Fernwärmenetz der Städtischen Werke. Ziel ist die sichere zentrale Versorgung mit emissionsarmer Energie durch ein regionales Unternehmen. Bei der Verbrennung von Müll und Klärschlamm entstehen zwar weiterhin Emissionen, aber in deutlich geringerem Maße als bei fossilen Energieträgern. So liegt der CO2-Ausstoß mit 57,4 g je Kilowattstunde weit unter dem Wert für Erdgasheizungen (ca. 202 CO2/kWh). Auch der Primärenergiefaktor (Verhältnis von eingesetzter Energie zur Nutzenergie- je niedriger, desto besser) spricht für die Fernwärme: er liegt bei 0,25. Fernwärme ist also ca. 4 mal so energiesparend und umweltschonend wie z. B. Gasheizungen (Primärenergiefaktor 1,1).

Kassel soll - Beschluss der StaVo - bis 2030 klimaneutral sein. Dazu kann die Fernwärme mit der Senkung der Emissionen einen erheblichen Beitrag leisten. Die Städtischen Werke planen seit langem den flächenhaften Ausbau des Fernwärmenetzes und wollen ihn jetzt deutlich intensivieren und beschleunigen. Im Vorderen Westen soll das bestehende, aber noch lückenhafte Netz verdichtet werden. Wichtige Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft der Hauseigentümer*innen, dieses Angebot auch zu nutzen. Daher werden die Städtischen Werke eine Informationskampagne starten, um die Möglichkeiten der Fernwärmenutzung allgemein bekannt zu machen.

Wichtig zu wissen ist: mit dem Fernwärmeanschluss ist es nicht getan. Bei Neubauten wird die technische Energie-Infrastruktur gleich entsprechend geplant, bei bestehenden Gebäuden muss sie insgesamt baulich angepasst werden. Das verursacht hohe Kosten, denen die Vorteile Emissionsarmut, Energiesicherheit und festes Preisniveau gegenüberstehen. Die Städtischen Werke bieten dafür Beratung und Förderung an.

Bürgerenergie

Joachim Laschinski (Bürgerenergie Kassel + Söhre e.G.) nannte die Ziele: Energiewende durch emissionsfrei erzeugten Strom voranbringen, dezentrale Energieversorgung durch Anlagen im Eigentum der Bürgerinnen, Unabhängigkeit von Großkonzernen.

Um Kassel bis 2030 klimaneutral zu machen, müssen alle Möglichkeiten regenerativer Stromerzeugung genutzt werden. Zumal der Bedarf an Strom und sein Anteil am Energieverbrauch durch Elektromobilität und digitale Kommunikation deutlich steigen wird. In Städten kann dabei vor allem die Photovoltaik eine zentrale Rolle spielen. Bis 2010 war man auch in Kassel auf gutem Wege, dann ging der Zubau von PV-Anlagen drastisch zurück. Ein wesentlicher Grund war der Abbau der Einspeisungsvergütung. Seither wurde der erzeugte Strom weitgehend selbst genutzt, weil man ihn nicht „für lau“ ins Netz einspeisen wollte.

Seit 2015 steigt die Zahl der zugebauten PV-Anlagen wieder an, allerdings handelt es sich dabei meist um Kleinanlagen für Selbstversorger, die entsprechend wenig zur Energiewende beitragen. Das lässt sich aber ändern. Ein konsequenter Ausbau der erneuerbaren Energien wird zu einem Stromüberschuss und zu niedrigen Netzstrompreisen führen. In Städten sind vor allem Dachflächen von Mehrfamilienhäusern für den Einsatz von PV-Elementen geeignet. Hier gibt es allerdings einige Handicaps:

  • Bei weitem nicht alle Dachflächen sind zur Sonne hin ausgerichtet
  • Viele Dachflächen sind statisch nicht geeignet, um das zusätzliche Gewicht der Kollektoren zu        tragen
  • Verschattung durch Dachelemente usw.
  • Abstimmungsbedarf unter den Teileigentümern und mit den Mieterinnen

Trotz höherer Kosten für die Anlagen liegen die Gestehungskosten weit unter den Kosten für Netz-strom. Eine hohe Eigenverbrauchsquote macht die Anlagen daher auch finanziell attraktiv. Um die Installation von PV-Anlagen einfacher und wirtschaftlicher zu machen, sollte es eine kostendeckende Einspeisungsvergütung geben, EU-Richtlinien auch umgesetzt und baurechtliche Erleichterungen geschaffen werden. Die Genossenschaft bietet eine kostenlose Erstberatung zur Einschätzung des Potentials an.

Wenn das Interesse geweckt ist: Hilfe bei Bau eigener bzw. Anmietung von PV-Anlagen, Einschätzungen der Wirtschaftlichkeit, Beratung bei Formalitäten (Genehmigungen, Steuern usw,). Joachim Laschinski wirbt engagiert dafür, der Genossenschaft beizutreten.

Balkonkraftwerke

Arvid Jasper (SoLocal) stellte eine spezielle Form der regenerativen Energieversorgung vor: „Balkonkraftwerke“. Das sind PV-Standardmodule (1,00m x 1,70m), die an Balkonbrüstungen oder auch direkt an der Außenwand installiert werden können und über eine Außensteckdose angeschlossen werden. Der Aufbau ist recht einfach („wie ein IKEA-Möbel“) und kann auch privat erfolgen. Pro Stromkreis sind zwei Module möglich. Sie decken nur einen kleineren Teil des Strombedarfs, aber immerhin lassen sich 10-20% der Stromkosten sparen, und die Anlage amortisiert sich im Lauf der Jahre.

Wenn die Stadt Kassel ihre Klimaziele erreichen will, muss z. B. die Energieversorgung durch die (emissionsfreie) Photovoltaik um den Faktor 8 gesteigert werden.

Balkonkraftwerke können zwar andere PV-Anlagen und die Windkraft nicht ersetzen oder energetische Sanierungen überflüssig machen. Sie tragen aber einen Teil zur Energiewende bei - auch, weil sie sehr sichtbar sind und- als persönliches „Statement“ zur Energiewende- auch fruchtbare Diskussionen anstoßen können.

Für Interessentinnen bietet SoLocal eine umfassende Beratung im Vorfeld an, liefert die PV-Module samt Zubehör und baut sie auch auf, wenn gewünscht.

Dankeschön

Die ehrenamtlichen Mitstreiterinnen und Mitstreiter der Kirche im Hof, in der Friedrich-Ebertstraße 102 in Kassel, haben für diese Stadtteilkonferenz nicht nur ihre Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt und hergerichtet.

Sie haben für die Kaffeepause auch ein umwerfend leckeres Büfett vorbereitet. Dieses wurde von allen Gästen sehr gelobt und dankbar angenommen.