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Samuel Beckett

Samuel Beckett (* 13. April 1906 in Dublin; † 22. Dezember 1989 in Paris) war ein irischer Schriftsteller. Sein bekanntestes Werk ist das Drama Warten auf Godot. Beckett schrieb seine Werke sowohl auf Englisch als auch auf Französisch.

Beckett im Vorderen Westen

Ende August 1928 kam der 22-jährige Samuel Beckett zum ersten Mal in den Vorderen Westen. Er reiste seiner Cousine Peggy Sinclair hinterher, in die er sich im Sommer in Dublin verliebt hatte. Peggy war damals 17 und lebte mit ihren Eltern Cissie (Becketts Tante) und William sowie 4 Geschwistern in der Landgrafenstraße 5, der heutigen Bodelschwinghstraße. 1922 war der Kunsthändler William Sinclair mit seiner ganzen Familie von Dublin nach Kassel emigriert. Hier interessierte ihn die deutsche avantgardistische Malerei, in deren Kontext die Kasseler Kunstakademie einen guten Ruf genoss. Peggy, die zweitälteste Tochter, war im Sommer 1928 zu einem Urlaub in Dublin aufgebrochen, ebenso Samuel, der aus Paris nach Dublin kam. Der Sommer war für das frisch verliebte Paar zu kurz, so reiste ihr Beckett kurzerhand hinterher, mit dem Postschiff über Frankreich und dem Zug nach Kassel. Er blieb etwa 4 Wochen bei den Sinclairs, bevor er Ende September über Paris nach Dublin zurückreiste.

Das war der Beginn von mindestens 8 Besuchen in Kassel, die jeweils von 2 Wochen bis zu mehreren Monaten dauerten. 1929 war er gleich viermal in Kassel - über Weihnachten 1928 in den Januar hinein, zu Ostern, im Sommer ab Mitte Juli und dann wieder ab 23. Dezember. Sein Ziel war nicht nur Peggy. Ihm gefiel die Lebensweise seines Onkels und seiner Tante, die als Kunst- und Kulturinteressierte als Bohemians galten und für Kunstschaffende aller Art immer eine offene Tür hatten. Die strenge, dem protestantischen Mittelstand entspringende Lebensweise seiner Eltern stand hierzu in einem krassen Gegensatz. Diese waren im übrigen entsetzt über die Liebschaft zwischen Samuel und Peggy. Nicht nur wegen des Verwandtschaftsgrades, sondern auch, weil sie mit dem "way of life" der Sinclairs nichts anfangen konnten. Und schon Anfang des Jahrhunderts hatte die Heirat von Cissie, Schwester von Becketts Vater, mit William Sinclair, der jüdischer Abstammung war, für erheblichen Unmut im Familienkreis geführt. Samuel Beckett setzte sich darüber hinweg und bekam prompt Ärger vor allem mit seiner Mutter May. Auch auf die finanzielle Lage des weitgehend noch auf die Unterstützung der Eltern angewiesenen Samuel wirkte sich der enge Kontakt mit den Sinclairs und die Beziehung zu Peggy nicht förderlich aus. Zumal sich Beckett auch hinsichtlich der Entwicklung seiner universitären Karriere (er hielt Vorlesungen über Literaturwissenschaft am Trinity College in Dublin und in Paris) als recht schwankend erwies - am liebsten wäre er, der bereits engen Kontakt zu James Joyce besaß, auf die Schriftstellerei eingeschwenkt, wenn dies denn wirtschaftlich tragfähig gewesen wäre.

Kassel, so wird in der Beckett - Forschung erst seit etwa 12 Jahren immer deutlicher, war für die Entwicklung des jungen Beckett von erheblicher Bedeutung. Seine Aufenthalte hier waren offensichtlich eine Art Refugium für ihn, um Abstand von all den Widrigkeiten des Lebens zu gewinnen - zwischen dem Elternhaus, dem von ihm als eng empfundenen neuen Nationalismus des unabhängigen Irland und den Problemen und Problemchen im Freundes- und Bekanntenkreis in seiner Wahlheimat Paris. Kassel bedeutete für ihn, der später perfekt Deutsch sprach und seine Werke in deutschen Städten selbst inszenierte, der erste Kontakt zum deutschen Kulturraum. Das nutzte er weidlich, interessierte sich für Sprache, Literatur, Malerei und Musik - und zog mit William philosophierend durch die Kneipen der Altstadt, Oberneustadt und des Vorderen Westens. Noch heute erinnern sich Zeitzeugen nicht nur an die Sinclairs, auch an Samuel Beckett, dem das Quartier um die Friedenskirche wohl vertraut war. Darüber hinaus liebte er den Bergpark Wilhelmshöhe, Spaziergänge mit Peggy in der Karlsaue, Bootfahren auf der Fulda und den Besuch des Wochenmarktes auf dem Königsplatz.

Das Liebesverhältnis mit Peggy war nicht von langer Dauer. Nach 1 1/2 Jahren endete es am Neujahrsmorgen 1930 in einer Ausflugsgaststätte im verschneiten Bergpark. Eine turbulente Silvesternacht ging dem voraus. Davon wissen wir, weil Beckett seine Kasseler Erlebnisse nahezu autobiographisch in einem Roman verewigte, den er auf Anraten von James Joyce 1932 schrieb: "Dream of Fair to Middling Women" (Traum von mehr bis minder schönen Frauen, bei Suhrkamp). Trotz des Scheiterns der Liebesbeziehung rissen die Besuche in Kassel nicht ab, bis Mai 1932 kam Beckett weiterhin nach Kassel. Von hier aus schickte er ein Telegramm nach Dublin, um seine Universitätslaufbahn zu beenden. Fortan vertiefte er sich in das Schreiben eigener Werke.

Nicht nur das Scheitern der Liebesbeziehung verhinderte ein Happy End: Peggy erkrankte an Tuberkulose und starb 1933 nach einem Klinikaufenthalt in Bad Wildungen, wo auch Beckett sie besuchte. Wenig später im gleichen Jahr kehrten die Sinclairs nach 11 Jahren Aufenthalt in Kassel nach Dublin zurück. Das Leben in Deutschland wurde ihnen zu eng - finanziell wie politisch. Die Machtübernahme durch die Nazis entzog ihnen sämtliche Gründe, die sie in den "goldenen Zwanzigern" nach Deutschland geführt hatten. Für Beckett war der tragische Ausgang seiner Kasseler Erlebnisse Grund genug, nie mehr nach Kassel zurückzukehren. "Wegen Peggy", wie er einmal seinem späteren Freund, dem Kasseler Arzt Dr. Gottfried Büttner, den er in den sechziger Jahren kennenlernte, offenbarte. An die Stadt selbst hatte er aber immer gute Erinnerungen. Und besorgt erkundigte er sich bei Dr. Büttner, ob das Wohnhaus in der Landgrafenstraße 5 den Krieg überdauert habe. Es hatte, wie ihm Büttner mitteilen konnte, auch wenn die Adresse nun Bodelschwinghstraße 5 hieß. Becketts "Dream of Fair to Middling Women" hatte er zwar schon 1932 verfasst, erschienen ist es aber erst 1992, nach Becketts Tod, auf seinen Wunsch hin. Die Erinnerung an Peggy hat in seinen Werken einige Spuren hinterlassen.

Hinterlassen hat Beckett auch in Kassel einiges - die Erinnerung an ihn ist noch heute lebendig. Seit einigen Jahren mehr denn je: In Kassel gründete sich die "Samuel Beckett Gesellschaft". Vor dem Haus in der Bodelschwinghstraße ist seit Silvester 2005 eine Gedenkplattean Beckett und die Sinclairs im Gehweg eingelassen, und im neu erschlossenen Wohnbaugebiet auf dem benachbarten ehemaligen Bereitschaftspolizeigelände wird der Straßenname "Samuel Beckett Anlage" an die Besuche Becketts erinnern.

Samuel Beckett Gesellschaft e.V., Reginastr. 1, 34119 Kassel, Tel.: 0561-773514

Biographie

Geboren wurde Beckett 1906. Er studierte am Trinity College in Dublin romanische Sprachen, bevor er 1928 als Dozent für Englisch nach Paris ging. Dort machte ihn Thomas MacGreevy mit James Joyce bekannt und unterstützte diesen zeitweilig bei der Arbeit an Finnegans Wake. Zwischen 1928 und 1932 verweilte er mindestens acht Mal in Kassel bei Familienangehörigen, bei der Familie seines Onkels William ("Boss") Sinclair, wo er sich in seine Kousine Peggy verliebte (sie wurde wenig später das Vorbild für Smeraldina in Becketts erstem Roman "Traum von mehr bis minder schönen Frauen").

Beckett begann selbst das Schreiben und veröffentlichte erste Gedichte und Kurzgeschichten. Nach dem Tod des Vaters 1933 wurde Beckett von Depressionen befallen, er verließ Paris und lebte einige Zeit in London.

1937 kehrte er nach Paris zurück, wo er im selben Jahr seine zukünftige Frau kennen lernte, Suzanne Deschevaux-Dumesnil. Er sollte sie allerdings erst 1961 heiraten. Während des Zweiten Weltkriegs schloss er sich der französischen Résistance an. Nachdem seine Widerstandszelle an die Gestapo verraten wurde, musste er 1942 aus Paris fliehen, bis Kriegsende tauchte er in einem Dorf in Südfrankreich unter. Nach dem Krieg wurde er zu einem der bekanntesten Vertreter des absurden Theaters. 1969 erhielt er den Nobelpreis für Literatur für sein 1953 uraufgeführtes Stück Warten auf Godot. Bei der Preisverleihung ließ er sich vertreten.

Neben Dramen schrieb Beckett auch Gedichte, mehrere Romane, Hör- und Fernsehspiele sowie einen Film betitelt "Film" (1965, Regisseur: Alan Schneider, Hauptdarsteller: Buster Keaton).

Becketts charakteristische Szenarien und Figurenkonstellationen zeigen zumeist Situationen, die von Aussichtslosigkeit, Lethargie und Resignation geprägt sind. Die Rollentexte seiner Figuren tendieren im Laufe der Zeit zunehmend zu Wiederholungen bei minimalen Sinnvarianzen, zur Ereignislosigkeit, zur Leere. Seine Protagonisten, in den Theaterstücken oft nur zwei, die sich in diesen unabsehbaren Dialogen ergehen, bezeugen dabei Becketts scharfen Sinn für Komik. Diese Kombination sorgt für beklemmende Faszination, die seine Bühnenstücke alles andere als langweilig macht.

Literatur 
  • Samuel Beckett Gesellschaft (Hrsg.); Samuel Beckett und Kassel 1928 - 1932. Kassel 2006
Quellen

Dieser Beitrag basiert in Teilen auf dem Artikel Samuel Beckett (Stand: 30.12.2005) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Creative Commons Attribution-Share Alike. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.