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Quäkerspeisung 1920

Hunger und Unterernährung waren kennzeichnend für die soziale Lage der breiten Masse der Bevölkerung während des Ersten Weltkrieges an der deutschen „Heimatfront“. Auch wenn Menschen nicht direkt verhungerten, war die Lage katastrophal. Spätestens seit 1916 konnte der Bedarf an Nahrungsmitteln nicht einmal annähernd gedeckt werden – mit massiven gesundheitlichen Folgen insbesondere für Kinder, deren Entwicklung massiven Schaden erlitt.

Das Kriegsende änderte an dieser Situation nur wenig. Hunger prägte auch in den Anfangsjahren der Weimarer Republik den Alltag zahlreicher Menschen. Unentbehrlich waren Lebensmittelkarten, mit denen der Bedarf aber kaum gedeckt werden konnte. Auf Hamsterfahrten versuchten Großstädter, sich mehr zu beschaffen. Auf „Lebendiges Museum Online“  (LEMO)  heißt es:

„Der Hunger wirkte grauenvoll. Hunderte Menschen starben täglich im Deutschen Reich, und überall fanden Tuberkulose und Rachitis zahlreiche Opfer vor allem unter den nur unzureichend ernährten Kindern, die größtenteils für ihr Alter zu klein waren. Nur die wenigsten von ihnen erhielten eine heilende Behandlung mit modernen UV-Strahlen.“

Das veranlasste US-amerikanische Quäker zu einer breit angelegten Hilfsaktion, die mit den Kindern vor allem den Schwächsten in der Gesellschaft zu gute kommen sollte. Deren sichtbarste Organisation war das American Friends Service Committee  (AFSC) , das soziale Friedensdienste  leistete, ohne bei der Versorgung mit Medizin, Lebensmitteln oder Kleidung einen Unterschied zwischen Siegern und Besiegten zu machen. Initiator der Kinderspeisung war der spätere US-Präsident und Quäker Herbert Hoover, der auch das AFSC mitbegründet hatte.  Uwe Spiekermann  resümiert:

„In einer nach wie vor hasserfüllten Nachkriegszeit war die vor allem von US-amerikanischen Spenden getragene Kinderspeisung der Quäker nicht allein Glaubenszeugnis und Akt der Barmherzigkeit, sondern zugleich ein Symbol für eine bessere, friedlichere Zukunft.“

Die  Speisungen begannen im Februar 1920 und bereits im Juli des Jahres konnten 600.000 Portionen ausgegeben werden - auch in der  Stadtkaserne , die sich damals am Luisenplatz befand und wo bereits im Ersten Weltkrieg die  „Suppenanstalt 2“  zur Versorgung der Ärmsten eingerichtet worden war. Der Fotograf Carl Eberth hat die Quäkerspeisung in eindrucksvollen Fotos dokumentiert.